Zeitzeugnis mehrerer Jahrhunderte
In Billerbecks Innenstadt befinden sich die ältesten Wohnhäuser in der Münsterstraße und am Johanniskirchplatz, der „Guten Stube“ Billerbecks. Teil einer Ringbebauung um die Pfarrkirche St. Johann sind kleine Speicherhäuser und weitere historische Gebäude. Zeitzeugnisse mehrerer Jahrhunderte!
Dass dieser Kirchhof und insbesondere die Speicherhäuschen, so in dem jetzigen Zustand erhalten sind, ist dem beherzten und tatkräftigem Engagement vieler Menschen zu verdanken.
Den kulturhistorischen Wert dieses Bauensemble erkannte in den 50er Jahren schon der damalige Vorsitzende des Heimatvereins Dr. Leiers. Ob der geplanten Errichtung einer Tankstelle auf dem Johanniskirchplatz wandte er sich dagegen in einem offenen Brief 1952 an den Bürgermeister, die Stadtverordneten, den Propst, das Landesdenkmalamt Münster und an den westfälischen Heimatbund. Glücklicherweise wurde dort keine Tankstelle errichtet.
In den 60er Jahren sollten dann an der Ostseite des Kirchhofes die alten Schulgebäude abgerissen werden, um dort eine neue Realschule zu bauen. Bedenken kamen von Seiten des Amtsdirektors Lanfer, sowie von Vereinen, BürgerInnen und auch Dienststellen. Schlussendlich wurde die Realschule in den Jahren 1967–69 dann in der Nähe der Kolvenburg gebaut.
Im Rahmen der Raumordnungs- und Planungsgesetze der 60er Jahre legte der Stadtrat 1969 ein Sanierungsgebiet fest, das zu Gunsten des Erhalts des Bauensembles des Kirchplatzes ausfiel.
1974 veröffentlichte der Heimatverein gemeinsam mit der SPD-Fraktion und der Juso AG eine unter Mitarbeit von Fachleuten entstandene Studie, in der unter anderem der Johannikirchplatz mit seiner Ringbebauung Einzug gefunden hat. Titel der Studie „Erhaltenswerte Bausubstanz und Stadtkernsanierung“.
1973 im Sanierungsplan als „Historisches Bauensemble“ eingetragen, kennzeichnete eine spätere Fassung die Freigabe zum Abriss der Speicherhäuschen. Mit einem rechtsgültigen Bebauungsplan plante man 1979 an dieser Stelle den Bau eines Pfarrzentrums.
Der in Aussicht stehende Abriss dieser besonderen bauhistorischen Häuschen brachte die Billerbecker Gemüter in Bewegung. Die Billerbecker SPD, die Juso AG und eine Bürgerinitiative führten etliche Gespräche, um eine Lösung zu finden zum Erhalt der Häuschen. Es wurde sich an den nordrhein- westfälischen Kulturminister, den Landeskonservator, sowie den Leiter der Fachstelle Denkmalpflege im Westfälischen Heimatbund gewandt.
Ausschlaggebend für die Rettung und Unterschutzstellung 1986/88 mit dem darauffolgenden Eintrag in die Denkmalliste der Stadt Billerbeck waren schlussendlich wissenschaftliche Forschungsergebnisse. Nicht als Denkmal ausgewiesen, dennoch Teil des Denkmalensembles, ist das Haus Nr.3
Dendrochronologische Analysen, die eine jahrgenaue Altersbestimmung der Fälljahre von historischen Bauhölzern ermöglichen, belegten bei einigen Gebäuden ein besonders hohes Alter. Der älteste Kern des Hauses Nr. 6/7 stammt aus dem Jahr 1492 und das Haus Johanniskirchplatz Nr. 2 wurde auf das Jahr 1513 datiert.
Überdies in Erinnerung bleiben soll eine kleine Frau, Ida Marx, die von 1961–1988 Eigentümerin des Speicherhäuschens Nr. 5 war. In den 70er Jahren, als sie dort wohnte, gab es von verschiedenen Seiten ein Interesse daran, dass sie aus ihrem Haus auszog. Sie hielt die “Stellung” und leistete damit einen Beitrag, den Abriss der Speicherhäuschen zu verhindern.
1987/88 konnten unter bestimmten Voraussetzungen Interessenten die vernachlässigten, zum Teil sehr maroden Speicherhäuschen erwerben.
Zurückschauend ist festzuhalten, dass viele Menschen mit Herzblut und ihrem Einsatz Sorge getragen haben zum Erhalt der Speicherhäuschen. Diesen Menschen gilt ein besonderer Dank! Sie haben auf unterschiedliche Art und Weise dazu beigetragen, die wunderschönen geschichtsträchtigen Speicherhäuschen zu bewahren und ihnen somit eine Zukunft ermöglicht!
Der Johannikirchplatz in Billerbeck gehört zu einer der wenigen noch ursprünglich erhaltenen Kirchplätze Westdeutschlands.