Heimatverein Billerbeck
bewahren und beleben

Geschich­te
wach hal­ten

In Bil­ler­becks Innen­stadt befin­den sich die ältes­ten Wohn­häu­ser in der Müns­ter­stra­ße und am Johannikirchplatz.

Die Pfarr­kir­che St. Johann mit ihrer kunst­his­to­ri­schen Bedeu­tung liegt inmit­ten einer Bebau­ung von Spei­cher­häus­chen und wei­te­ren his­to­ri­schen Gebäu­den, die ein Zeit­zeug­nis meh­re­rer Jahr­hun­der­te belegen.

Ein beson­de­res Kapi­tel wid­men wir den Spei­cher­häus­chen, die 1986/88 unter Denk­mal­schutz gestellt wur­den. Nicht als Denk­mal aus­ge­wie­sen, den­noch Teil des Denk­mal­ensem­bles, ist Haus Nr.3.

Dass die­ser Kirch­hof und ins­be­son­de­re die Spei­cher­häus­chen, so in dem jet­zi­gen Zustand erhal­ten geblie­ben sind, ist dem beherz­ten und tat­kräf­ti­gem Enga­ge­ment vie­ler Men­schen zu verdanken.

Den kul­tur­his­to­ri­schen Wert die­ses Bau­ensem­ble erkann­te in den 50er Jah­ren schon der dama­li­ge Vor­sit­zen­de des Hei­mat­ver­eins Dr. Lei­ers. Ob der geplan­ten Errich­tung einer Tank­stel­le auf dem Johan­nis­kirch­platz wand­te er sich dage­gen in einem offe­nen Brief 1952 an den Bür­ger­meis­ter, die Stadt­ver­ord­ne­ten, den Propst, das Lan­des­denk­mal­amt Müns­ter und an den west­fä­li­schen Heimatbund.

Es ist anzu­neh­men, dass dies einen gewis­sen Ein­fluss auf die Ent­schei­dung hat­te, dort kei­ne Tank­stel­le zu errichten.

In den 60er Jah­ren soll­ten dann an der Ost­sei­te des Kirch­ho­fes die alten Schul­ge­bäu­de abge­ris­sen wer­den, um dort eine neue Real­schu­le zu bauen.

Beden­ken kamen von Sei­ten des Amts­di­rek­tors Lan­fer, sowie von Ver­ei­nen, Bür­ge­rIn­nen und auch Dienst­stel­len. Schluss­end­lich wur­de die Real­schu­le in den Jah­ren 1967–69 dann in der Nähe der Kol­ven­burg gebaut.

Im Rah­men der Raum­ord­nungs- und Pla­nungs­ge­set­ze der 60er Jah­re leg­te der Stadt­rat 1969 ein Sanie­rungs­ge­biet fest, das zu Guns­ten des Erhalts des Bau­ensem­bles des Kirch­plat­zes ausfiel.

1974 ver­öf­fent­lich­te der Hei­mat­ver­ein gemein­sam mit der SPD-Frak­ti­on und der Juso AG eine unter Mit­ar­beit von Fach­leu­ten ent­stan­de­ne Stu­die, in der unter ande­rem der Johan­ni­kirch­platz mit sei­ner Ring­be­bau­ung Ein­zug gefun­den hat.

Titel der Stu­die „Erhal­tens­wer­te Bau­sub­stanz und Stadtkernsanierung“. 

1973 im Sanie­rungs­plan als „His­to­ri­sches Bau­ensem­ble“ ein­ge­tra­gen, kenn­zeich­ne­te eine spä­te­re Fas­sung die Frei­ga­be zum Abriss der Speicherhäuschen.

Mit einem rechts­gül­ti­gen Bebau­ungs­plan plan­te man 1979 an die­ser Stel­le den Bau eines Pfarrzentrums.

Der in Aus­sicht ste­hen­de Abriss die­ser beson­de­ren bau­his­to­ri­schen Häus­chen brach­te die Bil­ler­be­cker Gemü­ter in Bewe­gung. Die Bil­ler­be­cker SPD, die Juso AG und eine Bür­ger­initia­ti­ve führ­ten etli­che Gesprä­che, um eine Lösung zu fin­den zum Erhalt der Häus­chen. Es wur­de sich an den nord­rhein- west­fä­li­schen Kul­tur­mi­nis­ter, den Lan­des­kon­ser­va­tor, sowie den Lei­ter der Fach­stel­le Denk­mal­pfle­ge im West­fä­li­schen Hei­mat­bund gewandt.

Aus­schlag­ge­bend für die Ret­tung und Unter­schutz­stellung 1986 mit dem dar­auf­fol­gen­den Ein­trag in die Denk­mal­lis­te der Stadt Bil­ler­beck waren schluss­end­lich wis­sen­schaft­li­che  Forschungsergebnisse.

Den­dro­chro­no­lo­gi­sche Ana­ly­sen, die eine jahr­ge­naue Alters­be­stim­mung der Fäll­jah­re von his­to­ri­schen Bau­höl­zern ermög­li­chen, beleg­ten bei eini­gen Gebäu­den ein beson­ders hohes Alter. Der ältes­te Kern des Hau­ses Nr. 6/7 stammt aus dem Jahr 1492 und das Haus Johan­nis­kirch­platz Nr. 2 wur­de auf das Jahr 1513 datiert.

Über­dies in Erin­ne­rung blei­ben soll eine klei­ne Frau, Ida Marx, die von 1961–1988 Eigen­tü­me­rin des Spei­cher­häus­chens Nr. 5 war. In den 70er Jah­ren, als sie dort wohn­te, gab es von ver­schie­de­nen Sei­ten ein Inter­es­se dar­an, dass sie aus ihrem Haus aus­zog. Sie hielt die “Stel­lung” und leis­te­te damit einen Bei­trag, den Abriss der Spei­cher­häus­chen zu verhindern.

1987/88 konn­ten unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen Inter­es­sen­ten die ver­nach­läs­sig­ten, zum Teil sehr maro­den Spei­cher­häus­chen erwerben.

Zurück­schau­end ist fest­zu­hal­ten, dass vie­le Men­schen mit Herz­blut und ihrem Ein­satz Sor­ge getra­gen haben zum Erhalt der Speicherhäuschen.

Die­sen Men­schen gilt ein beson­de­rer Dank! Sie haben auf unter­schied­li­che Art und Wei­se dazu bei­getra­gen, die wunder­schönen geschichts­träch­ti­gen Spei­cher­häus­chen zu bewah­ren und ihnen somit eine Zukunft ermöglicht!

Der Johan­ni­kirch­platz in Bil­ler­beck gehört zu einer der weni­gen noch ursprüng­lich erhal­te­nen Kirch­plät­ze Westdeutschlands.

Text: Mer­ce­des Lanio | 2022